Das Thema Hybridarbeit ist in aller Munde. Viele bekannte Marken wie Deloitte und PwC haben aufgrund des Wunsches der Arbeitnehmer, mehr Wahlmöglichkeiten bei ihren Arbeitszeiten zu haben, hybride Arbeitsmodelle eingeführt, während andere Unternehmen Kritik einstecken müssen, weil sie ihre Mitarbeiter auffordern, nach der Impfung wieder im Büro zu erscheinen.

Wie auch immer man zur Debatte um Büro, Hybrid- und Telearbeit stehen mag, die gängige Meinung besagt, dass man sich während einer globalen Krise, deren Ende noch lange nicht in Sicht ist, nicht auf folgenschwere Entscheidungen wie diese festlegen sollte. Hybridarbeit wird oft als „die richtige Antwort“ für den Moment angepriesen, aber was ist das eigentliche Problem, das Sie zu lösen versuchen?
Wie die meisten anderen Unternehmen standen wir auch bei Juro vor dieser Situation. Anstatt uns anzuschauen, was andere um uns herum machen, sind wir an die Sache herangegangen, wie wir es im Mitarbeiterteam tun: indem wir als Produktteam arbeiten. Zunächst gehen wir der Frage nach, was das bedeutet, und sehen uns dann an, wie wir es auf das flexible Arbeiten bei Juro angewendet haben.

Flexibilität ist Priorität Nr. 1

Alle drei Monate führen wir Umfragen zum Mitarbeiterengagement durch und kamen zu dem Schluss, dass

  • die Mitarbeiter die Ausgewogenheit zwischen Beruf und Privatleben beibehalten wollten, die sie durch das Arbeiten zu Hause gewonnen hatten;
  • die Beibehaltung dieser Flexibilität die Talentbindung sowie das Engagement und die Performance der Mitarbeiter erhöhen würde, beide entscheidende Faktoren bei einer Expansion;
  • die Berücksichtigung dieser Entscheidung uns auch bei der geografischen Vielfalt der Bewerber helfen und dafür sorgen würde, dass wir nicht durch den Standort eingeschränkt werden.

Vor diesem Hintergrund habe ich zusammen mit meinem Team ein Arbeitsmodell entwickelt, das diese Faktoren berücksichtigt. Wir entschieden uns, so vorzugehen, wie das Produktteam von Juro an jede Aufgabe beim Aufbau unserer Vertragsautomatisierungsplattform herangeht.

Denken, wie das Produktteam

Das hervorragende Produktteam arbeitet ständig an der Verbesserung der Funktionen von Juro und fügt neue hinzu. Es ist ein kontinuierlicher Prozess, der den Abschluss und die Verwaltung von Verträgen für unsere Kunden einfacher macht. Allerdings schütteln sie die Funktionen nicht aus dem Ärmel. Vielmehr stellen sie zunächst die Fragen: (1) Was ist das Problem, (2) wie gehen wir vor, um es zu lösen, und (3) wie könnte eine mögliche Lösung aussehen?

Mit anderen Worten: Sie folgen einer wissenschaftlichen Methode des Testens und Durchlaufens. Personal- und Talentteams sollten eine ähnliche Strategie verfolgen. Wenn Sie sich die folgenden fünf Fragen stellen, sind Sie in der Lage, fast jedes Problem zu lösen.

  1. Was sehen wir?

Bevor Sie etwas anderes tun, müssen Sie den Kern des Problems finden. Dies geschieht in der Regel durch Marktforschung und Kundenbefragungen. Es ist wichtig, die Problempunkte über eine Reihe von Daten hinweg zu ermitteln. Wenn zum Beispiel mehrere Teams in der Phase der Vertragsverhandlungen einen Problempunkt identifiziert haben, kann das Produktteam das Problem eingrenzen und dafür sorgen, dass es in den späteren Phasen der Funktionsentwicklung im Mittelpunkt steht.

Für Personalteams heißt das, dass sie die ihnen zur Verfügung stehenden Daten sammeln müssen:

  • Mitarbeiter-Feedback über Umfragen
  • harte Daten wie die Beanspruchung von Freistellung und Sozialleistungen durch die Mitarbeiter

2. Warum sehen wir es?

Ermitteln Sie die Trends hinter den Daten, bevor Sie versuchen, eine Lösung zu finden. Produktteams nehmen sich in der Regel Zeit, um Hypothesen aufzustellen und den Umfang des Problems wirklich zu verstehen, bevor sie zu Schritt drei übergehen. Dieser wichtige Teil des Prozesses wird jedoch häufig von Personal- und Talentteams übersehen, die zunächst ein Problem erforschen und dann umgehend eine Lösung präsentieren, ohne sich eingehender mit dem Problem zu befassen.

Zerlegen Sie Ihre Probleme in Trends und erstellen Sie darauf basierende Hypothesen. Wenn z. B. 80 % Ihrer Mitarbeiter sagen, dass sie zwei oder drei Tage in der Woche aus der Ferne arbeiten möchten, warum sagen sie das? Liegt es daran, dass viele mit ihrer Familie zusammenleben und mehr Zeit mit ihr verbringen wollen? Oder fühlen sie sich weniger abgelenkt, wenn sie nicht im Büro sind?

3. Wie können wir es lösen?

Das Hauptaugenmerk des Produktteams liegt auf der Entwicklung einer Reihe möglicher Lösungen, wobei die Vor- und Nachteile jeder Lösung geprüft werden, bevor man sich für einen Weg entscheidet, der mit den Forschungsprinzipien übereinstimmt. Nur so kann sichergestellt werden, dass das Team alle Optionen in Betracht gezogen hat, bevor es weitergeht. 

Dies wird von Personal- und Talentteams häufig übersehen. Die erste Lösung wird in der Regel umgesetzt, ohne dass Alternativen berücksichtigt werden, mit denen dieselben Ergebnisse möglicherweise mit größerer Effizienz oder zu geringeren Kosten erzielt werden könnten.

Personal- und Talentteams sollten stattdessen alternative Wege zur Prüfung von Annahmen ausarbeiten. Welcher Weg gewählt wird, sollte von den Forschungsgrundsätzen bestimmt werden, z. B.:

  • Durchführbarkeit (benötigen Sie ein Hilfsmittel zur Überwachung Ihrer Lösung? Wird die Implementierung lange dauern?)
  • Kostenüberlegungen (Haben Sie das Budget für dieses Tool? Sind mit der Fernarbeit Kosten oder Einsparungen verbunden, die es vorher nicht gab?)
  • Ihre Grundwerte als Unternehmen

4. Was werden wir tun?

In dieser Phase erarbeiten Sie Ihren Plan und führen ihn aus. Oft hört man von Produktteams, die in sogenannten Sprints (oder Durchläufen) arbeiten, d. h. in überschaubaren Zeitabschnitten, in denen sie ein Projekt abschließen. So lassen sich in kurzer Zeit hervorragende Ergebnisse erzielen, und größere Projekte werden in kleinere Einheiten unterteilt, die unermüdlich umgesetzt werden.

Besonders wichtig ist dies bei kleinen Teams wie der Rechtsabteilung oder dem Bereich Personal und Talente, die nicht proportional zum Rest des Unternehmens wachsen. Achten Sie darauf:

  • Einen Plan zu erstellen und ihn mit klaren Ergebnissen, Fristen und Verantwortlichkeiten zu dokumentieren.
  • Ihren Plan auszuführen.
  • Bei jedem Schritt des Plans den jeweiligen Stand der Dinge mitzuteilen. Je nach den Grundsätzen Ihres Unternehmens kann dies entweder nur den Führungskräften oder dem gesamten Unternehmen gegenüber erfolgen.

5. Wie wissen wir, ob es funktioniert hat?

Diese Frage ist wirklich wichtig und wird von Personal- und Talentteams oft ignoriert oder vergessen. Wenn Ihre Hypothesen gut sind, implizieren sie Erfolgskriterien – vergleichen Sie sie mit Ihren Hypothesen und messen Sie sie. Die goldene Norm ist die Messung vor und mehrmals nach dem Sprint und Fragen zu stellen wie:

  • Haben sich die Werte für das Engagement erhöht?
  • Verbessert sich die Performance, gemessen an den vierteljährlichen Umsatzzielen?

Erfolgsmessung ist der Schlüssel. Projekte in einem kleinen Unternehmen existieren nicht in einem Vakuum. Wenn sich Teams die Zeit nehmen, das Endergebnis zu bewerten, können sie es verbessern und die gewonnenen Erkenntnisse umsetzen.

Das Endergebnis? Ein hybrides Arbeitsmodell!

Wie das Produktteam zu denken, hat uns geholfen, eine Lösung zu entwickeln, die den Anforderungen des gesamten Unternehmens gerecht wird. Die fünf Schlüsselfragen dienten uns dazu:

  • Recherchen durchzuführen mittels Umfragen zum Mitarbeiterengagement und 1:1-Gesprächen mit Kollegen (Erste Frage: Was sehen wir?)
  • Ein Verständnis für die komplexe und sich entwickelnde Arbeitslandschaft zu erlangen, indem wir uns mit lokalen Lockdown-Beschränkungen, dem Wohlbefinden der Mitarbeiter, Arbeitsumgebungen zu Hause usw. befassten, um die zweite Frage zu beantworten: Warum beobachten wir diese Trends?
  • Alle unsere Optionen zu erforschen und in das hybride Arbeitsmodell einzutauchen. Ich fand diesen Podcast von Peakon über Probleme mit dem Modell äußerst nützlich. Das hat uns bei Frage drei geholfen: Wie können wir das Problem lösen?
  • In kurzen Etappen zu arbeiten, um ein Modell zu schaffen, das unserer Meinung nach, die Probleme lösen und alle Fragen zur Zukunft der Arbeit bei Juro beantworten würde, was uns bei der Beantwortung der vierten Frage geholfen hat: Was werden wir tun?
  • Metriken festzulegen sowie KPIs, zur Erfolgsmessung in Form von Feedback-Umfragen, um herauszufinden, wie wir unser derzeitiges Modell verbessern können. Damit wird die fünfte Frage beantwortet: „Woher wissen wir, dass es funktioniert?“. Dies wird in die Tat umgesetzt, sobald die Lockdown-Beschränkungen gelockert sind und das Modell in Betrieb ist. Dies ist kein einmaliges Projekt, sondern bedarf regelmäßiger Aufmerksamkeit, um den von uns erwarteten Standard zu gewährleisten.

Das Endergebnis bei Juro ist ein flexibles Arbeitsmodell, das den Mitarbeitern die Möglichkeit gibt, zu wählen, wie und wo sie arbeiten wollen. Das Modell besteht aus drei Alternativen: „Büro zuerst“, bei dem die Mitarbeiter drei oder mehr Tage pro Woche ins Büro kommen; „Flexibilität zuerst“, bei dem die Mitarbeiter ein oder zwei Tage pro Woche ein sogenanntes Hot-Desk nutzen; und „Fernarbeit zuerst“, bei dem die Mitarbeiter hauptsächlich im Homeoffice arbeiten, aber auch im Büro arbeiten können, wann immer sie wollen.

Dieses Konzept wird umgesetzt, sobald die Beschränkungen im Vereinigten Königreich gelockert werden und unser Londoner Team sicher pendeln kann.

Fazit

Hybridarbeit ist immer noch ein Experiment. Wir sind nicht die Ersten auf dieser Reise. Viele (vor allem Fernarbeit zuerst) Unternehmen haben bereits eine Hybridphase durchlaufen.

Das heißt aber nicht, dass wir voreilige Schlüsse ziehen sollten. Stattdessen haben wir einen ersten Durchlauf dessen entwickelt, was unserer Meinung nach für uns am besten funktioniert. Beim Sammeln weiterer Daten und der Vergrößerung unseres Teams werden wir diesen Durchlauf weiter ausbauen.

Dieser Prozess ist ein ständiger Kreislauf von Versuch und Irrtum. Man muss testen, messen, neue Hypothesen aufstellen, wieder testen, wieder messen. In unserem Unternehmen überprüfen wir die Zahlen vierteljährlich, um zu sehen, ob sie sich in die gewünschte Richtung entwickeln, und wenn nicht, geraten wir nicht in Panik und versuchen, sofort etwas zu ändern.

Vergessen Sie nicht: Jeder ist genauso auf der Suche wie Sie, und es gibt keine „Einheitslösung“ für das Funktionieren von Hybridarbeit. Eine Lösung zu finden, braucht Zeit und viele Versuche. Aber genau wie bei der Produktentwicklung ist es die Genugtuung wert, zu sehen, wie Version 1.0 zum Leben erweckt wird, und zu wissen, dass dieses Arbeitsmodell die Arbeitsweise Ihres Unternehmens positiv verändern wird.


Thomas Forstner

Von Thomas Forstner

Thomas is Head of People & Talent at Juro – a 40-people contract automation platform on a mission to make contracts more human – where he is building a human-centric, scalable People & Talent function from the ground up.